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Standardisiert und effizient neuen Wohnraum schaffen

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07. Dezember 2022
Kann die serielle Bauweise dazu beitragen, schnell und effizient mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und Ressourcen zu schonen? Tatsächlich sind die Potenziale groß – sie gezielt zu nutzen, dürfte auch die Transformation der Wohnungswirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit vorantreiben. Ein Kommentar unseres Geschäftsführers Martin Dornieden.

Bundesbauministerin Klara Geywitz will Tempo in die Bauwirtschaft bringen. Die Sozialdemokratin möchte, dass schnell und unkompliziert viele neue Wohngebäude entstehen. Als Instrument gegen die Wohnungsnot setzt sie dabei verstärkt auf serielles Bauen. Ihre eigene Zielmarke von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr dürfte die Bundesregierung 2022 zwar weit verfehlen, doch der Weg der Standardisierung ist richtig, um Baukosten möglichst niedrig zu halten und Ressourcen effizient einzusetzen.  

Kritiker der seriellen Bauweise erinnern gerne an die 1970er Jahre, als die Politik in Ost und West mit gleichförmigen, tristen Plattenbausiedlungen schnell neuen Wohnraum schuf. Doch mit den damaligen Bausünden haben die heutigen Möglichkeiten, abwechslungsreich gestalteten, architektonisch anspruchsvollen, bautechnisch hochqualitativen Wohnraum in Serie hervorzubringen, nichts mehr gemeinsam. Digitalisierung, Energieeffizienz, Ressourcenschutz, Lebensqualität und Nachhaltigkeit sind vielmehr die Themen, die heute für serielles Bauen stehen.

Aber was ist unter seriellem Bauen überhaupt zu verstehen? Die schlichte Antwort lautet oft, dass damit eine industrielle Fertigung von Gebäuden gemeint ist. Die Idee dahinter: Ganze Teile oder Module von Gebäuden werden vorab in Serie an einem anderen Ort gefertigt, zur Baustelle transportiert und vor Ort letztlich nur noch montiert. Statt Stein für Stein eine Wand aufzubauen, liefern Bauunternehmen bei einer seriellen Bauweise gleich ganze Wandelemente an – das senkt in der Regel Baukosten und Bauzeiten. An dieser Definition ist nichts falsch, aber sie greift doch zu kurz.

Drei Ebenen der Standardisierung

Ein umfassenderer Definitionsversuch war bereits vor einigen Jahren in der Studie „Standardisierung der Vielfalt“ nachzulesen, die ursprünglich für die IBA 2020 im Auftrag der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt entstand. Dort unterscheiden die Autoren zwischen einem seriellen Umgang mit der Planung, der Produktion und dem Endprodukt. Standardisierung könne sich demnach auf drei unterschiedliche Aspekte des Bauens beziehen: den Planungsprozess, den Bauprozess oder den einzelnen Wohnraum in Form einer Wohnung oder eines Hauses. Diese unterschiedlichen Ebenen der Standardisierung könnten einzeln oder in Kombination beim seriellen Bauen zum Einsatz kommen. Insgesamt gehe es letztlich darum, mit Typung und Serienbau qualitätsvollen Wohnraum schnell und kostengünstig zu errichten. Das Negativ-Image, das der Bauweise zum Teil noch anhänge, verlange angesichts der nachgewiesenen Flexibilität und der hohen räumlichen sowie baukonstruktiven Güte dringend nach einer Revision. Die Forscher schreiben: „Doch auch Methoden der Vorfertigung ermöglichen heute eine große Varianz der Systeme und sind damit geeignet, Gebäude als Unikate für ihren jeweiligen städtebaulichen Kontext zu entwerfen.“

Klare und moderne Architektur

In der Tat bietet die serielle Bauweise sehr viele Möglichkeiten und Hebel für hohes gestalterisches Potenzial. Selbst bei Reihenhäusern kommen heute verschiedenste innovative Bau- und Gestaltungstechniken zum Einsatz, die für qualitative Hochwertigkeit und guten Geschmack stehen. VISTA Reihenhaus hat beispielsweise einen Haustyp im zeitlosen Bauhaus-Stil mit Flachdach entwickelt, der über 134 Quadratmeter Wohnfläche und bis zu fünfeinhalb Zimmer inklusive Dachstudio verfügt. Vom Studio aus ist eine etwa elf Quadratmeter große Dachterrasse begehbar. Das Flachdach lässt sich begrünen, was dem Erhalt der Artenvielfalt dient und einer Aufheizung im Sommer entgegenwirkt. Mehr Eigenheim wollen die meisten Paare und jungen Familien gar nicht. Und die serielle Planung sehen dem Haus höchstens Branchenkenner an.

Auch seriell geplante und modular gebaute Mehrfamilienhäuser entstehen heute in klarer und moderner Formsprache – mit freistehenden Balkonen, hellen Hausfassaden und oftmals zurückspringenden Staffelgeschossen mit modernen Flachdächern, die sowohl für ein zeitgemäßes wie auch zeitloses Erscheinungsbild stehen. Teils bodentiefe Fenster gliedern die Fassaden und schenken den Räumen viel Licht. Architektonische Tristesse muss heute, bei allem Drang zur Effizienz, wahrlich nicht mehr sein.

Standardisierte Wohnungstypen

Unsere Bauträgermarke FAIRHOME setzt im Geschosswohnungsbau auf fünf standardisierte Wohnungstypen. Wesentlicher Baustein für die Standardisierung der Gesamtumsetzung ist das „Baukasten-System“: Jedes Gebäude besteht im Prinzip aus mehreren zusammengefügten „Türmen“, die aus seriell vorgefertigten Betonteilen entstehen. Dank dieser modularen Bauweise mit Türmen aus seriell gefertigten Bauelementen lassen sich hier relativ einfach unterschiedliche Hausgrößen realisieren – je nach vorhandener Grundstücksgröße und Bedarf des Investors.

Auch fest definierte, umfassend digitalisierte Planungsprozesse, die lediglich überschaubare Anpassungsoptionen zulassen, sowie ein kostensparender, langfristig kalkulierter Mengeneinkauf tragen zur Kosteneffizienz und Schnelligkeit im seriellen Wohnungsbau bei. Wenn dann noch die Genehmigungswege kurz sind, entstehen wertvolle Synergien. Die „referenzielle Baugenehmigung“ in NRW etwa ist ein sehr geeigneter Weg, mit Typengenehmigungen für baugleiche Immobilien Bürokratie abzubauen. Anfang 2020 kam die neue Baugenehmigung in NRW bei einem Projekt von VISTA erstmals zur Anwendung: Für 91 Reihenhäuser in Gelsenkirchen waren damals lediglich vier Genehmigungen vom Bauamt der Stadt notwendig, weil insgesamt nur vier unterschiedliche Haustypen in Serie vor Ort entstanden: je ein linkes und ein rechtes Reihenendhaus sowie zwei mittlere Hausvarianten.

Verschiedene Nachhaltigkeitseffekte

Mit einer seriellen Vorproduktion von Bauteilen sowie einer modularen Bauweise mit kurzen Bauzeiten hat die Wohnungswirtschaft die Möglichkeit, die Preise für neuen Wohnraum auch in Zeiten steigender Baukosten möglichst bezahlbar zu halten. Kombiniert mit einer intelligenten, digitalisierten Planungsstrategie und den „Lean Construction“-Prinzipien lassen sich mit seriellen Bauweisen darüber hinaus vielfältige Nachhaltigkeitseffekte erzielen. Betonsparende Hohlkörperdecken oder die Holz-Hybridbauweise, die das Beste aus Holz- und Betonbauweise kombiniert, senken den Betonbedarf pro Wohneinheit: Während Beton etwa beim Schall- und Brandschutz seine Vorteile ausspielt, trägt Holz zur Dekarbonisierung des Hausbaus bei. CO2 lässt sich in der Wohnwirtschaft zudem durch eine verschwendungsfreie Produktion der Bauteile, eine intelligente und möglichst digitale Planung sowie eine hohe Energieeffizienz von seriell gebauten Gebäuden einsparen.

Gemeinsame Chancen für Transformation nutzen

Insgesamt weist die serielle Bauweise einen guten Weg auf, effizient, bezahlbar und nachhaltig Wohnraum zu schaffen und die alternativlose Transformation des Wohnsektors voranzutreiben. Es gilt, jetzt die bisherigen Vorbehalte zu überwinden, die vielen Vorteile der Standardisierung zu sehen und sie in der Breite zu nutzen. Ob bei der industriellen Fertigung von Bauteilen, der digitalen Bauplanung mit Building Information Modeling (BIM) oder einer nachhaltigen Energieversorgung: In vielen Punkten hat die Wohnungswirtschaft in der Breite noch Aufholbedarf, um die Potenziale der seriellen Bauweise voll auszuschöpfen und weiteren Kostensteigerungen im Wohnungsbau auf diese Weise effektiv entgegenzuwirken. Es ist mehr denn je notwendig, diese Chancen jetzt zu ergreifen – am besten im Schulterschluss mit Politik und Verwaltung, um den steigenden Kosten auch durch mehr bezahlbares Bauland, weniger Regularien, schnellere Genehmigungsverfahren und eine niedrigere Grunderwerbsteuer entgegenzuwirken.

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